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Cantate Domino

„Cantate Domino canticum novum, quia mirabilia fecit!” Der Anfang von Psalm 98 gibt dem Fünften Sonntag der Osterzeit seinen Namen: Cantate. „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er hat wunderbare Taten vollbracht und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker. Halleluja.“ Vier Wochen nach Ostern soll man immer noch spüren, dass das Hallaluja, das Lied vom Sieg des Lebens über den Tod, nicht verstummen will.

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Wie das Lied von Ostern das Leben der Getauften durchdringen kann, davon spricht auch die Lesung aus dem ersten Petrusbrief. Der erste Petrusbrief gehört zu den 7 Katholischen Briefen. Katholisch (katholikós = allgemein) heißen sie, weil sie nicht an eine Einzelgemeinde oder eine Einzelperson gerichtet sind, sondern an einen größeren Leserkreis. Sie sind Lehr- und Mahnschreiben, die zur Treue aufrufen gegenüber dem in der Taufe angenommenen Glauben.

Im ersten Petrusbrief geht es im Innersten um die Taufe und um die Frage: Wie kann die Tatsache, dass wir getauft sind, unser Leben beeinflussen? Bei der Taufe sagt Gott zu uns: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Du sollst mit zu meinem geistigen Bauwerk Kirche gehören, du sollst ein Teil davon sein.“ Der Grundstein dieser Kirche ist Jesus Christus selber, er ist auch der Eckstein, der dem Gebäude seinen Halt gibt.

Viele Kirchengebäude sind mit dem Chorraum nach Osten ausgerichtet. Die alten Baumeister schauten, wo am Ostermorgen die Sonne aufgeht, und genau danach richteten sie die Chorfenster aus. Zum Zeichen dafür, dass der auferstandene Herr derjenige ist, an dem sich die lebendige Kirche aus Menschen orientieren soll. Der Auferstandene geht vor uns her. Er weist uns den Weg zu Gott. Indem wir ihm nachgehen, lassen wir uns als lebendige Steine in die Kirche Jesu Christi einfügen. Auf diese Weise baut Gott mit den Menschen durch alle Zeiten an seiner Kirche weiter.

Von geistigen Opfern ist die Rede im ersten Petrusbrief. Schon das Alte Testament wusste: die wahren Opfer sind das Gebet, Dank und Lob und Buße. Sie sind kostbarer als Speiseopfer und Brandopfer. Das Neue Testament führt die Lehre vom wahren Opfer fort. Wo der Tempel ein geistiger ist, da sind auch die Opfer nicht mehr Speisen und Rauchwerk, nicht mehr Lamm und Stier, sondern Opfer geistiger Art. Dazu gehört z. B. der Glaube und der Dienst am Nächsten.

Der erste Petrusbrief charakterisiert die Getauften als „heiliges, priesterliches Volk“. Diese Aussage nahm das Zweite Vatikanische Konzil als Grundlage für die Lehre vom gemeinsamen Priestertum der Gläubigen. Das Volk ist priesterlich, insofern es vor Gott steht und alle den Zugang zu Gott haben, nicht nur der Hohepriester. Das Volk muss nicht mehr an der Schwelle zum Allerheiligsten stehenbleiben. Das Zweite Vatikanum spricht vom Priestertum aller Gläubigen. Die Aufgaben des Priesters im Opferdienst des Tempels werden durch andere Aufgaben ersetzt. Wir sollen geistige Opfer darbringen. Unser Bekenntnis zu Gott ist damit gemeint, das wir im Herzen und auf den Lippen tragen sollen und unser Füreinander-Einstehen. Und es ist unsere Aufgabe, den uns anvertrauten Glauben weiterzugeben.

„Lebendige Steine“, „geistiges Haus“, „heilige Priesterschaft“: die Kraft dieser Bilder will uns in Bewegung setzen. Die Geschichte Gottes mit seinem Volk geht weiter, trotz aller Abbrüche, die die Glaubensgeschichte erlebt hat und noch erleben wird, trotz aller platten Diesseitigkeit, trotz unserer Glaubensvergessenheit. Gott meint es gut mit uns, er gibt uns in Christus einen festen Halt für unser Leben, aber er ruft uns auch in die Verantwortung.

Kirchengebäude haben Hinweischarakter. Manchmal sprechen auch die Steine zu uns. Ich habe zu Hause ein kleines Domkreuz, gefertigt aus einem Stein aus der Westwand unseres Domes. Als die neue Orgel gebaut wurde, mussten einige große Steine weggenommen werden, die aus der Zeit der Erbauung des Domes stammen. Das daraus gefertigte steinerne Kreuz - Zeichen für den gestorbenen und auferstandenen Herrn – verbindet mich in Gedanken mit der neuen Orgel. Auf ihr ertönt auch in diesen Tagen, die gebeutelt sind durch die Corona-Krise, wohltuend und heilsam das österliche Halleluja und singt vom Sieg des Lebens über den Tod.

Pastoralreferentin Regina Mettlach