Seit letztem Jahr darf ich mich in einem Kurs zur bibelpastoralen Qualifizierung fortbilden. In diesem Kurs gibt es spannende Einblicke in die neueste Exegese von verschiedenen Professoren und natürlich Anleitungen, biblische Texte in Gruppen zu besprechen und umzusetzen.

Besonders habe ich mich mit dem Markusevangelium auseinandergesetzt, da mein bibelpastorales Projekt war, das Evangelium im Ganzen zu Gehör zu bringen und Menschen dazu zu motivieren, sich in diesem Lesejahr von diesen Texten begleiten zu lassen. Umso mehr hat es mich gefreut, als ich in den Unterlagen zur MISEREOR-Fastenaktion 2021 eine Bibelarbeit von Dr. Katrin Brockmöller gefunden habe. Für mich drückt diese Einleitung, aus der ich zitiere, sehr gut aus, was die kommende Fastenzeit sein kann:

„Der erste Satz, den Jesus im Markusevangelium spricht, lautet: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“
Wir haben uns vielleicht schon so an diesen Satz gewähnt, dass wir seine unglaubliche Kraft und Dynamik manchmal kaum wahrnehmen. Versucht man die einzelnen Begriffe etwas zu umschreiben oder moderner auszudrücken, entsteht ein anderes Bild:

DIE ZEIT IST ERFÜLLT

Für das Wort „Zeit“ wählt der Autor im Markusevangelium den Begriff „kairos“, was so viel bedeutet wie der günstigste Zeitpunkt für eine Entscheidung, eine Handlung, einen Anfang. Ein Augenblick, eine Phase vielleicht auch, die auf jeden Fall aus dem normalen Fluss der Zeit heraussticht. Es geht um Momente, durch deren Erleben sich individuell, aber auch global das Leben grundlegend verändern kann. ...

DAS REICH GOTTES IST NAHE

Die Königsherrschaft Gottes ist ein Bild, das im Judentum der Zeitenwende die Präsenz Gottes umschreibt. Wenn die Königsherrschaft Gottes präsent ist, dann ist natürlich Gott selbst gegenwärtig. Die Gegenwart Gottes als Herrschaftsform zu beschreiben klingt in modernen Ohren vielleicht etwas eigenartig und wenn, dann träumen wir ja eher als Staatsform von einer guten Demokratie und keinesfalls von Monarchie. Die Gegenwart Gottes im jetzigen Moment, jetzt, um uns und in uns, in allem, was uns gerade begegnet, das ist hier gemeint. Ignatius von Loyola hat das so beschrieben: „Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit.“

KEHRT UM...

Auch wenn die Botschaft meistens als moralischer Apell verkündet wird: „Kehrt um“ kann viele Aspekte haben. Wörtlich meint der Ausdruck: Ändert euer Denken! Für mich heißt das: Erweitert eure Vorstellungen, arbeitet mit und an euren inneren Bildern und Fantasien! Schaut ehrlich an, was alles in euch vorgeht – nehmt euch dazu Zeit! Und macht es gemeinsam! Sprecht darüber, lasst euch unterstützen, erzählt einander davon!

... UND GLAUBT AN DAS EVANGELIUM

Zur Aufforderung aktiv das eigenen Denken zu beobachten und zu ändern, kommt ein zweites hinzu: Vertrauen haben in die gute Nachricht, die Erlösung, das Gute,... in Gott. Hoffnung haben, dass alles gut werden kann. Die Vision, die mich trägt, nicht zu verraten.
Genau das ist UMKEHR.“

Für mich ist das in diesem Jahr mein Vorsatz, die Fastenzeit zu begehen: mich auf Gottes Gegenwart zu fokussieren, meine inneren Bilder zu bedenken und mich neu mit den biblischen Texten auf Gott auszurichten. Und ich würde mich freuen, wenn wir das an den Bibelabenden (online) und bei anderen Gelegenheiten auch gemeinsam tun.

Herzliche Grüße und eine intensive Fastenzeit

Gemeindereferentin Sigrid Sandmeier